Jan Peter Apel

Segelboot

Status: 15.06.2024


Die Probleme Fliegen und Segeln sind allgemein schwierig zu durchschauen. Es handelt sich bei ihnen um kräftemäßige Wechselwirkungen zwischen einem Körper und Luft. Das Problem: man kann bei der Luft nicht sehen, wie sie sich verhält. Bewegen sich Körper durch die Luft bzw. die Luft an ihnen vorbei, so entsteht eine Kraft, die Körper bei eigenen Bewegungen an diesen Bewegungen hindern und sie bei umfluten durch die Luft mitnehmen will. Diese Kraft ist als Luftkraft zu definieren und hat eine bestimmte Größe und eine bestimmte Richtung. Ob die Luftkraft schädlich oder nützlich ist, hängt davon ab, ob man sie braucht oder nicht. Will man sie nicht, z. B. wenn sie eine gewünschte Bewegung langsamer macht, sagt man zu ihr Widerstandskraft. Will man sie, um z. B. die Fallgeschwindigkeit eines Fallschirmspringers zu verringern, sagt man zu ihr Bremskraft oder sogar Auftriebskraft. Viele Kräfte werden also je nach Anwendungsfall bezeichnet. Interessant sind natürlich die Kräfte, die man nutzen kann um z. B. mit einem Flugzeug fliegen und beim Segeln vorwärts zu kommen. Dabei ist die positive Wirkung einer Luftkraft oft nicht die Luftkraft selbst, sondern meist nur Anteile von ihr, sogenannte Komponenten, in die man sie zerlegen kann. In beiden noch gelehrten Erklärungstheorien, für das Segeln wie das Fliegen, stecken aber immer noch viele falsche Ansichten aus der Historie, wodurch sie physikalisch unlehr- und unverstehbar sind und das auch deshalb, weil sie falsch sind.

Aufgabe eines Bootssegels und eines Flugzeugflügels ist, eine Luftkraft in geeigneter Richtung zu erzeugen, um  beim Flugzeug eine Kraftkomponente als Auftriebskraft nach oben und beim Segelboot als Antriebskraft nach vorn zu erzeugen.

Luftkräfte entstehen ausschließlich nur dann, wenn Luftmassen aktiv in Bewegung versetzt werden oder passiv durch abbremsen von Wind. Kraft ist Masse mal Beschleunigung: Flugzeugflügel "schaufeln", also beschleunigen, Luft nach unten, Bootssegel "schaufeln", also beschleunigen, Luft zur Seite. Luftkräfte entstehen in Folge daraus als Rückstoßkräfte dieser zur Seite beschleunigten Luftmassen.
Eine andere Art zur Bewegungsgewinnung oder -beendigung als durch Abstoßen von anderer oder auch eigener Masse gibt es in diesem Universum nicht!
Der sogenannte Bernoullieffekt ist in beiden Fällen deplaziert, gäbe es ihn gar nicht, würden wir weiterhin Fliegen und Segeln können.


Die so gewonnenen Luftkräfte lassen sich nach den Regeln der Kräfteparallelogramme aufteilen in zwei Komponenten für die gewünschten Kraftrichtungen. Im Vordergrund steht beim Flugzeug die große Luftkraft-Komponente vertikal quer zur Vorwärtsbewegung nach oben, die es tragen kann und am Bootssegel die kleine Komponente in Fahrtrichtung, die es vorwärts schiebt. Beim Flugzeug ist die kleine Komponente der Widerstand, der durch Energieeinsatz überwunden werden muß. Die große Luftkraftkomponente, die beim Flugzeug den Auftrieb nach oben darstellt, kippt beim Bootssegel das Boot zu Leeseite. Durch eine richtige Segelstellung entsteht aus der Luftkraft des Segels die kleine Komponente in Fahrtrichtung, die es antreibt.

Im der Prinzipskizze ist die Situation dargestellt, in der ein Segelboot noch am Startplatz steht und sich noch nicht bewegt. Ein Wind von seiner Seite kann es aber schon in Bewegung versetzen. Die Luftkraft am Segel entsteht hier dadurch, daß der Wind von der Seite auf die Segelfläche prallt und dadurch dort ein Überdruck entsteht. An der Rückseite des Segels (Leeseite) entsteht ein Unterdruck, der z. B. an Autoheckflächen mit Sog bezeichnet wird und der in allen Fällen, also auch am Bootssegel, ca. doppelt so groß ist wie der Überdruck an der Vorderseite, beim Segel also der Luvseite. Beide Drücke zusammen werden mittels der Segelflächen zur Luftkraft. Druck allein ist noch keine Kraft, erst seine Wirkung auf Flächen! Einwirkende Drücke bewirken auf Flächen Kraftentstehungen, die immer senkrecht (rechtwinklig) auf ihnen stehen. Das Segel am Boot muß also so stehen, daß die Luftkraft an ihm immer einen Winkel nach vorn hat. Das heißt also, daß die Segelfläche, zu der senkrecht die Luftkraft wirkt, zur Fahrtrichtung immer einen Winkel zur Leeseite hin haben muß. Bei Mitwind ist dieser Winkel 90 Grad, die Luftkraft wirkt insgesamt in Fahrtrichtung nach vorn, verringert sich aber, je schneller das Boot fährt.


Fährt das Boot, stellen sich neue Verhältnisse ein.

Der Fahrtwind aus der vektoriellen Summe von Wind- und Bootsbewegungsgeschwindigkeit hat nun gegenüber der Segelfläche die Richtung, die auch an einem Flugzeugflügel besteht, fast von vorn, bezogen auf die Stellung der Segelfläche, nicht der Fahrtrichtung des Bootes! Die Luftkraft steht immer senkrecht auf der Segelfäche (rote Linie), die Querkraft immer senkrecht auf der Fahrlinie und die Vortriebskraft geht immer mit der Fahrlinie.
Die Fahrlinie, die den entstehenden Fahrtwind in seiner Richtung bestimmt, ist nicht die Bootslängsachse, sondern etwas in Leerichtung abweichend, da das Schwert keine feste Leitplanke ist, sondern nach Lee wegdriftet. Auch das Schwert benötigt einen Anstellwinkel gegenüber dem Wasser wie ein Fugzeugflügel gegenüber der Luft, um die entsprechende Gegenkraft gegen die Querkraft der Luft am Segel zu erzeugen. Die Querkraft am Segel ist beim Flugzeugflügel die Auftriebskraft.

Es entsteht am Segel die prinzipiell gleiche, nun aber vielfachst größere Luftkraft als zuvor im ruhenden Zustand, dessen große Komponente Querkraft quer zur Fahrtrichtung das Boot zur Seite kippt und deren kleinere Komponente in Fahrtrichtung als Vortriebskraft dient, die nun ebenfalls mehrfachst größer ist als aus der Windgeschwindigkeit allein beim Start.

Das Segeln gegen den Wind.
Auch da entsteht aus der vektoriellen Summe aus Wind und Bootsgeschwindigkeit der Fahrtwind, der maßgebend für die Entstehung der Luftkraft ist. Dieser Fahrtwind ist beim Kreuzen am größten, so daß jetzt ein kleinerer Anstellwinkel schon reicht, um die nötige Vortriebskraft zu erhalten.
Luftkräfte wachsen mit dem Quadrat der Fahrtwindgeschwindigkeit! (Die Kraft- und Windpfeile sind gegenüber dem vorigen Bild nicht im gleichen Maßstab.)

Das aerokinetische Geschehen ist für Flugzeugflügel und Bootssegel identisch! Man könnte auch einen Flugzeugflügel senkrecht auf ein Boot stellen und entsprechend drehen. Der Unterschied besteht aber in den Geschwindigkeiten der Segel/Flügel, und der ist gewaltig, weswegen das Segel am Boot besser ist als der Flugzeugflügel auf ihm.

Luftkräfte entstehen aber nicht direkt aus den Über- wie Unterdrücken, denn diese müssen zuerst einmal erzeugt werden. Luftdrücke an Flächen (Flugzeugflügel und Bootssegel) entstehen erst dann, wenn diese Flächen sich in der Luft bewegen und dabei Luft seitlich verschieben bzw. wie beim Start des Bootes umgekehrt Luft sich selbst gegen Flächen bewegt und von diesen abgebremst werden: es muß in jedem Fall Luftmasse in eine neue Bewegung versetzt werden, beschleunigend oder verzögernd.
Segel auf Booten wie Flügel am Flugzeug bewegen Luftmasse nach unter sich, sie beschleunigen sie von sich weg. Unter sich ist am Flugzeug unten, am Bootssegel zur Luvseite. Erst durch diese Beschleunigungen von Luftmassen entstehen in Folge die Über- wie Unterdrücke! Das gilt auch für das Ruderblatt im Wasser, auch dieses muß Masse, hier Wasser, zur Seite bewegen um eine Steuerkraft zu erhalten.

Die Rückstoßkraft der beim Boot zur Luvseite und Flugzeug abwärts beschleunigten Luftmasse ist die Luftkraft.

Die Stellung des Segels zum Fahrtwind in Draufsicht entspricht der Stellung eines Flugzeugflügels: beide haben einen Anstellwinkel zwischen sich und der Fahrtwindrichtung, um nach dem Prinzip der schiefen Ebene durch ihre Vorwärtsbewegung gegen den Fahrtwind Luftmasse zur Seite bzw. beim Flugzeug nach unten zu stoßen. Das weg "stoßen" von Luft nach unten geschieht beim Flugzeug in ca. 50 Millisekunden. Es ist die Zeit, in der ein Flügel Luft an einer Stelle in der Luft durchfliegt, bei einem Bootssegel entsprechend länger.

Die Stellung des Segels am Boot gegenüber dem Fahrtwind entspricht der, die ein Segelflugzeug im Schnellflug hat, wenn man das Flugzeug nach vorn unten drückt. Auch dabei erhält das Flugzeug gegen seinen Luftwiderstand eine Vergrößerung der Vortriebskraft aus der kleinen Komponente seiner Luftkraft wie beim Segelboot nach vorn. Ohne eine zusätzliche Bremswirkung würde es aber immer schneller werden und dann zerbrechen. Das Segel am Boot muß aber den hohen Wasserwiderstand überwinden, weshalb es nie zu schnell werden kann.

Das Flügelblatt eines Windrades, das ebenfalls wie ein Segelflugzeugflügel im Schnellflug funktioniert, muß durch Mitziehen die Last des Mitdrehens eines Stromgenerators bewältigen. Ohne diese Last würde es immer schneller drehen und wie ein zu schnelles Segelflugzeug zerbrechen, weshalb da immer eine Notbremse eingebaut ist. Windmühlen haben ebenfalls rotierende Flügelblätter wie sogar auch Segelflächen. Auch sie entnehmen aus der Luftkraft nur die Vortriebskraftkomponente wie beim Bootssegel. Ein "Durchgehen" ohne Last wie an einem Windkraftrotor ist aber auch da gegeben.

Die von einem Flugzeug abwärts beschleunigte Luft sinkt nach unten ab und bildet dabei durch Verwickeln mit Nachbarluft die sogenannte Wirbelschleppe, bestehend aus zwei sich gegensinnig nebeneinander drehenden absinkenden Wirbeln. Ein Bootssegel beschleunigt auch Luft, und zwar zur Luvseite, die hinter dem Boot ebenfalls weiter weg strömt und wahrscheinlich nur einen in einer Richtung drehenden Wirbel als Wirbelschleppe hinterläßt.
Bei hoher Kränkung entsteht aber ein sich rechtwinklig zur Segelfläche nach schräg oben weg bewegender gegensinnig drehender Doppelwirbel wie beim Flugzeug nach unten. Auch der bewegt sich in Luvrichtung und nach schräg oben stetig weiter seitlich von der Fahrlinie in der Luft weg, wird mit dem Wind aber verschoben. Im Segeljargon heißen diese Wirbel "dirty air". Bei hoher Windgeschwindigkeit werden diese Wirbel über dem Grund (hier das Wasser) zur Leeseite triften, bei schwachem Wind der wohl nur eine Wirbel möglicherweise sogar zur Luvseite.